Weiße Frau zwei Punkt Null
Sabine Hennig-Vogel
»Habt ihr die Weiße Frau denn gefunden?«
»Sie blieb erstmal verschwunden.«
»Ich habe von Lesern gehört, dass am selben Tag auf den Bahngleisen am Altstadtbahnhof
ein beunruhigender Fund gemacht wurde.«
»Stimmt, die Info von der Bahnpolizei kam mit etwas Verspätung zu uns. Auf den
Gleisen am Altstadtbahnhof fand man einen weißen Seiden-Morgenmantel.«
Paul warf ein: »Der Bahnhof ist doch unmittelbar neben der Straße. Und dann kommen
schon die Elbwiesen.«
»So ist es. Die Frau, wir gingen davon aus, dass es eine Frau ist, kam wohl vom
Luthergarten über den Kurfürstenring, lief weiter über die Gleise und dann in
die Elbwiesen. Der Morgenmantel war übrigens sauber, vom Straßenstaub mal
abgesehen. Aber kein Blut oder Hinweise auf Verletzungen.«
»Ihr seid also ernsthaft von der physischen Existenz dieser
Frau ausgegangen?«
»Seit dem Kleiderfund auf den Gleisen – ja. Einige Kollegen haben schon
gelacht. Und sie bekam den Arbeitstitel Weiße Frau.«
Paul lachte. »Na wenn schon, denn schon! Da hat sich wohl so mancher an die Gerüchte
über unterirdische Gänge im Schloss erinnert und sich von der alten Sage
inspirieren lassen. Wie ging es dann weiter? Hat die Polizei aktiv nach der
Weißen Frau gesucht?«
»Nein. Dazu gab es zu wenige Anhaltspunkte. Ich vertraue ja gern auf den Faktor Zufall, der genau genommen doch keiner ist.« Marco grinste, nahm einen Schluck und fuhr fort: »Schon am selben Tag, kurz vor Dienstschluss, stand der Zufall vor meiner Bürotür.«